• Angela Kastrinaki, Universität Kreta

    KAZANTZAKIS UND DIE TOPOI DER DEKADENZ

    1. Frauenmorde kommen bei Kazantzakis so oft und mit solcher Besessenheit vor, dass sie eines seiner Hauptmerkmale darstellen, das, wenn nicht das Verhältnis von Kazantzakis selbst zu den Frauen, mit Sicherheit aber das Verhältnis des Schriftstellers zur Kunst offenbart – das soll im Folgenden gezeigt werden.

    Bereits in seinem ersten Werk, Schlange und Lilie (1906), findet sich das erste Beispiel: Ein gewisser Maler – Hauptfigur und Erzähler zugleich – tötet das Objekt seiner Begierde – und sich selbst – nach einem wahnsinnigen Erlebnis fleischlicher Lust in einem mit Blumen gefüllten Zimmer. Der Tod durch Blumen ist keine Erfindung von Kazantzakis: Heliogavalos, der seine Gäste mit Rosenblättern tötete, war eine der Lieblingsfiguren der Dekadenz-Literatur, und wurde durch das Sonett von Gryparis "Die Rosen von Heliogavalos" (1895) nach Griechenland gebracht.

    In Schlange und Lilie bezeichnet der Mann sich selbst als "Auserwählten", in ihm brennt eine göttliche Flamme und er träumt von seiner Rückkehr in eine höhere Heimat, an die er sich erinnert und nach der er sich sehnt. Die Frau, im Gegenteil, ist schwach und ihre Seele stammt aus "anderen, unterlegenen Welten". Der überlegene Mann, dessen künstlerische Tätigkeit wegen der Frau auf Eis gelegt ist, beschließt und führt ihre gemeinsame Hinrichtung aus, während sie vergebens versucht, sich dagegen zu stellen. Das ist der erste Fall eines Frauenmords in Kazantzakis' Werk, der allerdings von einem Selbstmord begleitet wird. Bald fängt Kazantzakis jedoch an – von der Verpflichtung einer gemeinsamen Hinrichtung befreit –, seine Heldinnen töten zu lassen (hierbei ist zu bemerken, dass Kazantzakis in seiner frühen Phase, bevor er Nietzsche kennengelernt hatte, ein Feminist war). Im 1910 erschienenen Theaterdrama "Der Werkmeister" – dem in ein Bühnenstück umgearbeiteten Volkslied To gefyri tis Artas [Die Brücke von Arta] – fordert der Mann die Frau, die er liebt, auf, sich zu opfern – indem sie sich in die Brücke bauen lässt –, weil er glaubt, an ihrer Seite die höchste Schöpfung nie erreichen zu können.

    Die zwei bereits erwähnten Werke sind, sowohl thematisch als auch stilistisch, wahre Beispiele des Ästhetizismus. Diese Kunstanschauung rechtfertigt in der Tat die Opferung des Menschen um der Schöpfung willen. Von Poes Werk "Das Ovale Porträt", in dem der Maler das perfekte weibliche Porträt anfertigt, während sein Modell dahinsiecht und stirbt, bis zur abscheulichen Hinrichtung eines Sklaven in Pierre Louys' "L'Homme de pourpre", damit der menschliche Schmerz wirklichkeitsgetreu wiedergegeben wird: Ästhetizismus vertritt die Vorstellung, dass das menschliche Leben belanglos ist, verglichen mit der Größe der Kunst.

    So liegt der Tötung der Frau in den frühen und eindeutig ästhetizistischen Schriften von Kazantzakis diese Logik zugrunde: Der Mann, der zu Höherem bestimmt ist, tötet das, was ihn am Erreichen seiner höheren Bestimmung hindert, oder lässt es töten. Aber auch im späten Werk des Schriftstellers lassen die Morde an Frauen nicht nach. Ein charakteristisches Beispiel ist die Hinrichtung der Witwe im Roman "Alexis Sorbas", während ein noch typischeres Beispiel die Tötung von Emine Hanum in "Freiheit oder Tod" ist.

    Dort ersticht bekanntlich Kapitän Michalis Emine, die Frau, die er begehrte, um sich von seinen niederen Trieben loszulösen und sich der Befreiung von Kreta zu widmen. Die Befreiung von Kreta ist wiederum nichts Anderes als eine neue Version der Erhabenen Schöpfung, wobei es hier nicht um ein Kunstwerk handelt, wie das in den ästhetizistischen Schriften der Fall ist, sondern um eine andere, erhabene – der weiblichen Natur fremde – Idee. Das Motiv besteht aber fort: Der Mann opfert die Frau, was ihn von seinen niederen Trieben befreit und ihn dazu fähig macht, seine Bestimmung zu erfüllen.

    Kazantzakis teilt diese Obsession mit G. D' Annunzio, dem um die Jahrhundertwende berühmten italienischen Vertreter der Dekadenz. Auch bei ihm ist die gewaltsame Tötung der Frau ein immer wiederkehrendes Motiv. In seinem Werk "Il Trionfo della Morte" (1894) tötet der intellektuelle Held die Femme fatale, weil sie seine geistige Tätigkeit erschwert: Indem er sie fest in seinen Armen hält, reißt er sie von einem hohen Fels aus ins Meer mit. In diesem Fall ist der Tod wenigstens gemeinsam, wobei die Frau sich dagegen wehrt, wie in Kazantzakis' "Schlange und Lilie". Doch in anderen Werken schildert D' Annunzio Frauenmorde, die dazu dienen, die männlichen Helden von gewaltsamen Trieben zu befreien.

    Bei D' Annunzio finden sich zahlreiche Hinrichtungen von Frauen, die allerdings nicht von den Männern, die diese begehren, sondern von der Menschenmenge ausgeführt werden. Aus diesen Hinrichtungen scheint der Schriftsteller sich ein besonderes Vergnügen zu machen. Eine seiner Heldinnen, Mila, aus der bukolischen Tragödie La Figlia di Iorio (1904), wird von der Menschenmenge als Hexe lebend verbrannt. Es handelt sich um eine unschuldige junge Frau, eine Fremde, die das Unglück hat, die Männer besonders anzuziehen und sich dadurch den Hass der anderen Frauen zuzuziehen. All das erinnert an die Tötung der Witwe in Alexis Sorbas: die attraktive und verfolgte Frau; die bukolische Kulisse; die aufgebrachten Mengen von Männern, die sie begehren, und Frauen, die sie aus Eifersucht und Aberglauben hassen; die rituelle Hinrichtung.

    Von seiner Frühphase bis hin zu seiner Spätphase lässt Kazantzakis in seinen Werken Frauen töten, und opfert sie im Wesentlichen somit auf dem Altar des Ästhetizismus. Dabei ist allerdings zu bemerken, dass er in seinen späten Werken, die zu dieser Kunstströmung angeblich nicht zuzuordnen sind, im Vergleich zu seinen frühen Werken noch einen Schritt weiter geht. Während in Schlange und Lilie der Frauenmord den Tod des Mannes mit sich bringt und im Werkmeister die Frau sich freiwillig opfert, so dass die männliche Gesellschaft durch einen Frauenmord nicht in Verruf kommt, hat Kazantzakis immer weniger Hemmungen, wenn er in seinen späten Werken Frauen töten lässt: In Freiheit oder Tod wird die Frau im Schlaf von eben diesem Mann, der sie begehrt, getötet – ohne das geringste Schuldgefühl.

    2. Neben dem Mord an Frauen weist auch der Geschlechtsakt mit ihnen in Kazantzakis' spätem Werk deutliche Züge des Ästhetizismus auf. Die vorgeblich autobiografische Episode mit der irischen Frau in der Rechenschaft vor El Greco stellt ein charakteristisches Beispiel des Ästhetizismus dar und ist nur dem Anschein nach realistisch. Es geht um das Kapitel, in dem Kazantzakis von seinem Verhältnis als Achtzehnjähriger mit seiner Englischlehrerin erzählt, einer reifen, wie eine "honigsüße Feige", Irin. Er erzählt, dass er mit ihr den Berg Ida hinaufsteigen wollte, und dass sie auf dem Gipfel in einer Kirche vor den Augen Jesu und Mariä Verkehr miteinander hatten. Das Erlebnis mit der Irin habe seine junge Seele verfolgt und ihn zur Schlange und Lilie inspiriert, schreibt Kazantzakis. Doch die Szene des Verkehrs in der Kirche ist nicht bei Kazantzakis zum ersten Mal zu finden. Sie mag nicht charakteristisch für die Zeit, in der die Rechenschaft vor El Greco verfasst wurde, sein, sie ist jedoch mindestens zwei Mal bei Schriftstellern anzutreffen, die von derselben Strömung wie Kazantzakis geprägt worden waren, nämlich dem Ästhetizismus des frühen 20. Jh. In seinem 1909 erschienenen Werk "Vissini triantafyllo [Lila Rose]" erzählt Platon Rodokanakis von einem Paar, das in der Kapelle eines verwaisten Klosters Verkehr hat. Das gleiche Motiv kommt wieder im 1930 erschienenen "Lemonodasos [Zitronenbaumwald]" von Kosmas Politis vor. Szenen solcher Art sind jedoch in der griechischen Literatur nicht so häufig anzutreffen, wie in der europäischen, in der die Verbindung des Wollüstigen mit dem Göttlichen sowie die Schändung des Heiligtums einen Topos der Kunst darstellen, insbesondere der Romantik. Außerdem sind in der katholischen Tradition zahlreiche Darstellungen zu finden, in denen das Göttliche und das Wollüstige sich vereinen. Berninis heilige Theresa vom 16. Jh. ist in völlig irdischer Verzückung, während sie vom Pfeil der göttlichen Liebe durchbohrt wird; Maurice Barres – einer von Kazantzakis' Vorläufern – definiert "Neo-Katholizismus" als "einen Weg, die Sinnlichkeit mit der Religion zu vermengen". Kazantzakis wiederum verbindet im Werk Schlange und Lilie – dem angeblich die Geschichte mit der Irin zugrunde liegt – das Göttliche mit dem Wollüstigen in einer eher gotteslästerlichen Art und Weise:

    "Ich will die Kommunion deines Körpers heute Abend empfangen. Nach dem Abaton und Allerheiligsten deines Fleisches sehne ich mich. Als Vertreter des wahren Gottes werde ich heute Abend Opfer darbringen und dein Körper wird zum Gotteshaus, unser wollüstiges Gestöhn zu Hymnen, und unser sinnliches Behagen zu religiöser und himmlischer Ekstase, […]"

    Der Höhepunkt der Wollust wird durch die Gotteslästerung erreicht. Marquis de Sade scheint dabei ein Vorreiter zu sein. In seinem Werk "Die Philosophie im Boudoir" fordert er auf: "Bitte, bitte, Eugenie, überlassen Sie alle Ihre Sinne der Wollust, sie ist der einzige Gott Ihres Daseins; dem muss eine junge Frau Opfer darbringen; nichts soll in deren Augen so heilig sein wie die Wollust." Es gibt allerdings noch eine Lehre des Marquis, die der Ausdrucksweise von Kazantzakis nahekommt, und die besagt, dass es diverse Stellen am weiblichen Körper gibt (mal von der üblichen abgesehen), die dem männlichen Glied auch "weitere Altare anbieten, auf denen er seinen Weihrauch verbrennen kann".

    Die Geschichte mit der Irin – selbst wenn sich fiktiv ist (damals war Kazantzakis ohnehin in einer leidenschaftlichen platonischen Beziehung mit Galatea Alexiou, der er auch das Werk Schlange und Lilie widmet) – zeigt folglich die inneren Triebe des Schriftstellers, wovon er vom ersten bis zum letzten Werk besessen ist, und die ihn zu einem wahren Kind der Dekadenz machen.

    (c) Angela Kastrinaki

1883. Kazantzakis kommt am 18. Februar jul./3. März greg. in Heraklion auf dem damals osmanisch besetzten Kreta zur Welt.

Sein Vater Michalis, war Händler für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Wein und stammte aus Varvaroi, wo heute das Kazantzakis-Museum sich befindet. Michalis wird erst viel später zu einem der Vorbilder für die Hauptfigur des Kapitän Michalis im gleichnamigen Roman.

Der Vater von Nikos Kazantzakis, eine der Vorlagen
für die Romanfigur von Kapitän Michalis

Alexis Sorbas in Französisch
Paris: Editions du Chene, 1947

1912. Mit einem Vortrag, der vor den Mitgliedern der Assoziation für Bildung gehalten wird, führt er die griechischen Intellektuellen in Bergsons Philosophie ein; der Vortrag wird später im Bulletin der Assoziation veröffentlicht .

Mit dem Ausbruch des ersten Balkankriegs meldet er sich freiwillig zur Armee und arbeitet im persönlichen Büro des Premierministers Eleftherios Venizelos.

Er bereist Griechenland, wieder in Begleitung von Sikelianos. In seinem Tagebuch heißt es: "Meine drei großen Lehrer: Homer – Dante – Bergson". Er zieht sich in ein Kloster zurück und beendet ein Buch, das nicht mehr vorhanden ist, möglicherweise über den Heiligen Berg Athos. Er schreibt in sein Tagebuch, wie sein Lebensmotto lautet: "Come l' uom s' etterna" ("wie der Mensch sich selbst retten kann", aus Dantes "Inferno", XV.85).

Höchstwahrscheinlich verfasst er die erste Fassung der Theaterstücke "Christ", "Odysseus" und "Nikiforos Fokas" . Im Oktober reist er nach Thessaloniki, um einen Vertrag zur Holzabfuhr vom Berg Athos zu unterschreiben. Dort wird er Zeuge der Ausschiffung der britischen und französischen Streitkräfte, die an der Front von Thessaloniki im Ersten Weltkrieg kämpfen werden.

In demselben Monat, während er Tolstoi liest, kommt er zum Schluss, dass Religion wichtiger als Literatur ist und gelobt er sich, an dem Punkt zu beginnen, wo Tolstoi aufgehört hat.

Mit seiner ersten Ehefrau, Galatea, in Athen

Giorgis Sorbas, Vorbild für die Romanfigur von Alexis Sorbas

Mit dem Dichter Aggelos Sikelianos

Wir sind gleich Freunde geworden. So unterschiedlich waren wir beide, daß wir sofort errieten, wie nötig der eine den anderen habe und daß wir gemeinsam den vollkommenen Menschen darstellten.
Ich – grobbehauen, wortkarg, mit der rauhen Schale des einfachen Mannes aus dem Volk; mit vielen Fragen und metaphysischen Bedrängnissen, der sich nicht von der glänzenden Oberfläche betrügen oder beirren ließ, der hinter der schönen Larve den Schädel erblickte – war keineswegs naiv, war ohne Sicherheit und nicht als Prinz geboren, bemühte mich aber, einer zu werden. Er, heiter, redegewandt, sicher, von edlem.
Aussehen, mit dem naiven und kraftspendenden Glauben, daß er unsterblich sei; und überzeugt, als Prinz geboren zu sein, so daß er sich nicht abmühen mußte, einer zu werden;
auch brauchte er sich nicht nach dem Gipfel zu sehnen, da er überzeugt war, sich bereits auf dem Gipfel zu befinden, einzigartig, unersetzlich zu sein·
Er duldete keinen Vergleich mit irgendeinem Genius der Vergangenheit oder der Gegenwart. Und diese Naivität verlieh ihm großes Selbstvertrauen und Überzeugungskraft.


[...]

Später, als ich ihn besser kannte, sagte ich ihm eines Tages:

- „Der große Unterschied zwischen uns beiden, Angelos, ist, daß du glaubst, bereits erlöst zu sein, während ich glaube,
daß es keine Erlösung gibt, und darin die Erlösung finde.“

[...]

Kazantzakis, Nikos. Rechenschaft vor El Greco.
Berlin-Gruenewald: F.A. Herbig, 1967, S. 195.

1922. Der Abschluss eines Vorvertrags mit einem Athener Verlag über eine Reihe von Schulbüchern ermöglicht es ihm, Griechenland erneut zu verlassen. Er hält sich vom 19. Mai bis Ende August in Wien vom 19. Mai bis Ende August in Wien auf. Dort erkrankt er an einem Ekzem im Gesicht, das der Arzt Wilhelm Stekel, dissidenter Freudianer, als "Heiligenkrankheit" bezeichnet. Im dekadenten Wien der Nachkriegszeit studiert er die heiligen Schriften des Buddhismus und arbeitet an einem Theaterstück über das Leben Buddhas. Nebenbei studiert er Freud und konzipiert das Werk "Askese. Salvatores Dei".

Im September, als er sich in Berlin aufhält, erfährt er von der Niederlage Griechenlands gegen die Türken in Kleinasien. Er verlässt seine alten nationalistischen Ideen und schließt sich den kommunistischen Revolutionären an. Rahel Lipstein-Minc , mit ihrem Kreis aus radikalen jungen Frauen übt einen enormen Einfluss auf ihn. Er zerreißt sein unvollendetes Werk "Buddha" und nimmt es auf neuer Basis wieder in Angriff. Er beginnt an der Askese , zu schreiben, die einen Versuch darstellt, den kommunistischen Aktivismus mit der buddhistischen Ergebung in Einklang zu bringen. Er träumt von einer Übersiedlung in die Sowjetunion und lernt Russisch.

Rahel Lipstein-Minc

Kazantzakis’ eigenhändige Widmung an die "ewige Rahel"

Der Umschlag der Psalmen, Paris 1949.



Rahels eigenhändige Widmung an Kazantzakis

1928. Am 11. Januar halten Kazantzakis und P. Istrati eine das sowjetische Experiment lobende Rede vor einer großen Versammlung im Alhabra Theater. Kazantzakis und Glinos, die die Veranstaltung organisierten, wird eine Anzeige angedroht, und Istrati die Deportation.

Im April trifft sich Kazantzakis mit Istrati wieder in der Sowjetunion , in Kiew, wo der erste an einem Drehbuch über die Russische Revolution arbeitet. In Juni lernen Kazantzakis und Istrati in Moskau Gorki kennen. Kazantzakis ändert das Ende der "Askese", indem er das Kapitel "Stille" hinzufügt. Er schreibt Artikel der "Prawda" über die sozialen Bedingungen in Griechenland sowie ein weiteres Drehbuch, diesmal über das Leben von Lenin. Auf dem Weg nach Murmansk mit Istrati kommt er in Leningrad vorbei und lernt Victor Serge kennen. Im Juli wird in der Zeitschrift "Monde" von Barbusse ein Text von Istrati veröffentlicht, in dem er Kazantzakis porträtiert; das ist das erste Mal, dass Kazantzakis der europäischen Leserschaft vorgestellt wird.

Ende August unternimmt Kazantzakis und Istrati, gemeinsam mit Eleni Samiou und Bilili Baud-Bovy, eine lange Reise in den Süden der Sowjetunion mit dem Ziel, eine Artikel-Reihe mit dem Titel "Akolouthontas to kokkino asteri (Dem roten Stern folgend)" gemeinsam zu verfassen. Die zwei Freunde werden einander jedoch allmählich fremd. Ihre Auseinandersetzung spitzt sich im Dezember aufgrund der "Russakov-Angelegenheit" zu, d.h. der Verfolgung von Victor Serge und seinem Schwiegervater, Russakov, als Trotskisten. In Athen werden Kazantzakis' Reiseeindrücke in zwei Bänden herausgegeben.

1931. Nach seiner Rückkehr nach Griechenland lässt er sich auf Ägina nieder und arbeitet an einem französisch-griechischen Wörterbuch (in Demotiki und Katharevousa).

Im Juni besucht er die Pariser Kolonialausstellung, die ihm frische Ideen für die Gestaltung der afrikanischen Szenen der Odyssee , gibt, deren dritte Fassung er in seinem Unterschlupf in der Tschechoslowakei zu Ende schreibt.

1937. Auf Ägina beendet er die sechste Fassung der Odyssee . Es erscheint sein Buch mit Reiseeindrücken aus Spanien.

Im September reist er durch den Peloponnes. Seine Eindrücke werden in der Form von Artikeln publiziert, später werden sie zum Werk "Taksidi sto Moria (Reise nach Morea)" zusammengestellt.

Er verfasst die Tragödie "Melissa " für das Nationaltheater.

1943. Trotz der Entbehrungen, die die deutsche Besatzung mit sich bringt, arbeitet Kazantzakis fieberhaft und beendet die zweite Fassung von "Buddha", "Alexis Sorbas" und die Übersetzung der "Ilias".

Anschließend verfasst er eine neue Version der "Prometheus" -Trilogie von Aischylos.

1944. Im Frühling und Sommer verfasst er die Theaterstücke "Kapodistrias" und "Konstantinos Palailogos". Diese Werke, einschließlich der "Prometheus"-Trilogie, decken den Zeitraum von der Antike über die Byzanz bis zum modernen Griechischen Staat ab.

Nach dem Abzug der deutschen Besatzungstruppen siedelt Kazantzakis nach Athen über, wo Tea Anemogianni ihn freundlich aufnimmt. Er erlebt die Phase des Bürgerkriegs mit, die als Dekemvriana (Dezember-Ereignisse) bekannt ist.

1945. Er hält sein Versprechen in die Politik zu gehen und wird zum Anführer einer kleinen sozialistischen Partei, die darauf abzielt, alle Splittergruppen der nicht-kommunistischen Linken zu vereinen. Er kandidiert für eine Stelle bei der Athener Akademie und verliert nur um zwei Stimmen.

Die Regierung entsendet ihn als Sachverständigen nach Kreta zur Anfertigung eines Gutachtens über die von den Deutschen dort verübten Gräuel. Im November heiratet er seine treue Gefährtin, Eleni Samiou, und wird als Minister ohne Geschäftsbereich in der Koalitionsregierung von Sofoulis vereidigt.

Der schwedische Intellektuelle und Regierungsfunktionär übersetzt "Alexis Sorbas". Nachdem er seine Beziehungen spielen ließ, wird er zu einem Posten bei der UNESCO berufen, mit der Aufgabe, Übersetzungen internationaler klassischer Literaturwerke zu fördern, um Brücken zwischen den verschiedenen Kulturen und insbesondere zwischen Ost und West zu schlagen.

Er selbst übersetzt sein Werk "Julianus Apostata". Sorbas kommt in Paris heraus.

1953. Immer noch an der Augenentzündung leidend wird er ins Krankenhaus eingewiesen (er wird blind auf seinem rechten Auge). Aus der Untersuchung ergibt sich, dass die chronischen Symptome im Gesicht auf eine Funktionsstörung der Lymphe zurückgehen müssen. Zurück in Antibes verbringt er einen Monat mit Giannis Kakridis, währenddessen sie ihre Antibes , verbringt er einen Monat mit Giannis Kakridis, währenddessen sie ihre "Ilias" Übersetzung zur Vollendung bringen.

Er verfasst den Roman "Mein Franz von Assisi" . In Griechenland versucht die Orthodoxe Kirche, die Verfolgung von Kazantzakis in die Wege zu leiten. Man beschuldigt ihn des Sakrilegs aufgrund einiger Seiten aus Freiheit oder Tod und der ganzen "Letzten Versuchung ", obwohl die letzte auf Griechisch noch nicht erschienen ist. "Sorbas"erscheint in New York.

1954. Der Papst setzt "Die letzte Versuchung Christi " auf den Index der verbotenen Bücher. Kazantzakis schickt ein Telegramm an den Vatikan mit den Worten des christlichen Apologeten Tertullian: "Ad tuum, Domine, tribunal appello" (An Dein Gericht appelliere ich, Mein Herr). Mit den selben Worten wendet er sich auch an die Orthodoxe Hierarchie in Athen und fügt Folgendes hinzu: "Ihr mögt den Bann über mich verhängt haben, Ihr Heilige Väter, ich gebe Euch aber den Segen. Möge Euer Gewissen so rein sein, wie meins, und möget Ihr so moralisch und fromm sein, wie ich."

Im Sommer beginnt Kazantzakis eine enge Zusammenarbeit mit Kimon Friar, der die "Odyssee" ins Englische übersetzt. Im Dezember ist er bei der Uraufführung des "Sodom und Gomorrha" in Mannheim, anschließend geht er nach Freiburg im Breisgau, um sich dort in einer Klinik behandeln zu lassen. Die Ärzte diagnostizieren eine gutartige lymphatische Leukämie.

Der junge Verleger Giannis Goudelis übernimmt die Herausgabe der Gesamtausgabe von Kazantzakis' Werken in Athen .

1955. Kazantzakis und Eleni verbringen einen Erholungsmonat in Lugano. Dort beginnt er seine "Rechenschaft vor El Greco", zu schreiben, seine geistige Autobiografie. Im August besuchen die beiden Albert Schweitzer in Gunsbach.

Zurück in Antibes berät Kazantzakis Jules Dassin bei der Verfassung des Drehbuchs für die Verfilmung der "Griechischen Passion".

Die in Zusammenarbeit mit Kakridis angefertigte -Übersetzung erscheint in Griechenland, jedoch auf Kosten der Übersetzer, da kein Verlag dem Projekt zustimmt. Eine zweite neu bearbeitete Auflage der "Odyssee" ist unter der Beaufsichtigung von Emmanuel Kasdaglis in Angriff genommen, dem Redakteur des ersten Bandes der "Gesamtausgabe" der Dramen von Kazantzakis.

"Die letze Versuchung " erscheint endlich in Griechenland, nachdem eine "königliche Persönlichkeit" bei der griechischen Regierung für Kazantzakis intervenierte.

Mit Albert Schweitzer und Eleni in Deutschland

1956. Im Juni erhält Kazantzakis den Friedenspreis in Wien. Im letzten Moment verliert er den Nobelpreis, der Juan Ramon Jimenez verliehen wird.

Jules Dassin beendet die Verfilmung der "Griechischen Passion", ; der Film heißt "Celui qui doit mourir (Der Mann, der sterben muss)". Die Gesamtausgabe wird ständig erweitert: sie umfasst zwei weitere Bände mit den Dramen, einige Bände mit Reiseeindrücken, die griechische Übersetzung von "Toda-Raba" aus dem Französischen und den Roman Mein Franz von Assisi.

Bei der Verleihung des Friedenspreises in Wien

Eine andere Ansicht seines Büros in Antibes

1957.Kazantzakis arbeitet weiterhin mit Kimon Friar zusammen. Ein langes Interview Pierre Sipriot wird in sechs Folgen von dem Pariser Radiosender übertragen.

Kazantzakis besucht die Vorführung von "Celui qui doit mourir" beim Filmfestival in Cannes. Der Pariser Verlag Plon übernimmt die Herausgabe der "Gesamtausgabe" in der französischen Sprache .

Kazantzakis und Eleni reisen als Gäste der Chinesischen Regierung nach China ab. Da Kazantzakis auf der Rückreise über Japan fliegen muss, ist er gezwungen, sich in Canton impfen zu lassen. Während er über dem Nordpol fliegt, schwillt sein Arm an und bekommt den Brand. Er lässt sich in der Freiburger Klinik behandeln, wo die Leukämie bei ihm ursprünglich diagnostiziert wurde. Die Krisis ist vorbei.

Albert Schweitzer besucht ihn, um ihn zu beglückwünschen, aber ein grippaler Infekt erschöpft ihn völlig.

Er stirbt am 26. Oktober im Alter von 74 Jahren. Sein Leichnam kommt in Athen an. Die griechisch-orthodoxe Kirche weigert sich, den Toten aufzubahren. Der Leichnam wird nach Kreta übergeführt und in der St.-Minas-Kathedrale in Heraklion ausgestellt . In Scharen nehmen die Menschen an der Prozession teil, die dem Toden bis zu dessen Beisetzung auf der venezianischen Stadtmauer . folgt.

Später wird auf dem Grab die von Kazantzakis selbst gewählte Inschrift eingegraben: "Den elpizo tipota. De fovoume tipota. Ime lefteros." (Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei.)

In Antibes mit Kimon Friar

In Cannes für die Vorführung des Films Celui qui doit mourir, der auf seinem Roman Griechische Passion beruht,
mit Jules Dassin und Melina Merkouri

Kazantzakis signiert die französische Ausgabe
des Romans Mein Franz von Assisi

Die Bestattungszeremonie von Nikos Kazantzakis in der St. Minas-Kathedrale in Heraklion (5. November)

Momentaufnahme aus der Beisetzung von Nikos Kazantzakis in Heraklion

Wo lauert der Antichrist?

ESTIA (22.01.54) : Ein Buch verunglimpft Kreta und Religion

KATHIMERINI (26.01.1954) : Intellektueller McCarthyismus (ein Kommentar von Emilios Chourmouzios)

TO VIMA (16.05.1954) : Kirche und Literatur (ein Kommentar von G. Fteris)

KATHIMERINI (18.11.1954) : Ein Werk wahren Glaubens (von Emilios Chourmouzios)

KATHIMERINI (02.12.1954) : Zwei Elemente des Mythos (von Emilios Chourmouzios)

SPITHA (Nov. 1957)

KATHIMERINI (18.11.1954) : Kritik von Emilios Chourmouzios über das Werk Griechische Passion (1)

KATHIMERINI (18.11.1954) : Kritik von Emilios Chourmouzios über das Werk Griechische Passion (2)

NEA (11.07.1956) : Kein griechischer Prominenter bei der Verleihung des Friedenspreises an Nikos Kazantzakis...

NEA (16.05.1955) : Kazantzakis im Interview mit Pierre Sipriot, Paris (1)

PANTHRAKIKI (18.08.1956) : Das Glück und die Ehre eines Reiches (von N. Kazantzakis)

TACHYDROMOS (02.03.1957) : Kazantzakis im Interview: "Gebt mir ein wenig von der Zeit, die Ihr verschwendet"

ETHNIKOS KYRIX (19.10.1956) : Der Mann, der sterben muss

AVGI (04.12.1957) : Filmkritik: Der Mann, der sterben muss

MESOGEIOS : Leichnam von Kazantzakis gestern Abend nach Heraklion überführt

DRASI : In tiefer Betrübnis und Trauer empfingen die Einwohner von Heraklion den Leichnam des großen Kreters Kazantzakis

Alexis Sorbas in Griechisch
Athen: Difros Verlag, 1955

"Die Griechische Passion in Griechisch"
Athen: Difros Verlag, 1955

Freiheit oder Tod (2. Auflage)
Athen: Difros Verlag, 1955

Odyssee in Englisch
New York: Simon and Schuster, 1958