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BRIEFE AN GALATEA
• Über die kommunistische Lehre: „Ich war ein Verfechter der Katharevousa, ein Nationalist, ein Verfechter der Dimotiki, ein Wissenschaftler, ein Dichter, ein Sozialist, ein religiöser Fanatiker, ein Atheist, ein esthete, und nichts davon kann mich je wieder täuschen"
Cherie, ich sammle gerade alle kommunistischen Schulbücher, die es bislang geschrieben worden sind, und alle kommunistischen Kinderbücher und fange gleich an, ein altes Projekt in Angriff zu nehmen: Eine Reihe von Büchern für die Kinder der kommenden Gesellschaft zu schreiben. Wir müssen bereit sein. Später werde ich Geschichten schreiben, die auf dem sozialen Kampf, der Dominanz einer Klasse – mal des Königs, mal des Adels, des Klerus, des Bürgertums – beruhen werden, und die davon erzählen werden, wie die Kulturen zustande kommen und wie sie zugrunde gehen sowie davon, dass wir jetzt bewusst die Grundlage für einen neuen Triumph und eine neue Kultur legen müssen. Ich spiele mit dem Gedanken, eine Kampfgruppe aus verschiedenen Nationalitäten hier zu gründen, deren Hauptaufgabe die Verfassung solcher Bücher sein wird, jeder seinem Volk gemäß, aber mit derselben allgemeinen Polemik und nach demselben kreativen Grundprinzip.
Vor Kurzem war ich bei einem berühmten jüdisch-russischen Dichter, der Homer in hebräische Verse übersetzt hat etc. Wir unterhielten uns zwei Stunden lang. Gott, wenn ich mit solchen Berühmtheiten der zeitgenössischen geistigen Bewegung in Kontakt komme, ist es erstaunlich, wie selbstbewusst ich werde und wie sehr ich an mich selbst glaube. All die, die ich kennengelernt habe, scheinen mir, mir unterlegen zu sein. Ich rede mit ihnen bis zu einem gewissen Punkt und ab dann an können sie nicht weitergehen. In den letzten Monaten bewegen sich meine Gedanken auf einer sicheren und entschlossenen Richtung: Aus all den geheimen, fruchtbaren Lehren, woran sich meine Seele bis jetzt freute, sehe ich nun meine Zeit und meine Pflicht am klarsten.
Die Katastrophe, die Katastrophe, die Katastrophe! Dieses ganze heutige Elend und diese Ehrlosigkeit müssen beendet werden. Jeder muss an seinem Ort zerstören, Hass predigen, die neuen Generationen vorbereiten: Falls man mir es irgendwo auf der Welt erlauben würde, wäre meine erste Aufgabe, eine Schule zu gründen. Die Kämpfer vorzubereiten, und ihnen meinem inneren Feuer gerecht die Geschichte Griechenlands, Roms, der Neuzeit beizubringen. Um ihnen zu lehren, warum sie gute Arbeiter, gute Lehrer, gute Wissenschaftler, gute und fruchtbare Väter werden sollten. Um ihnen zu lehren, wie sie ein Gedicht lesen sollen, wie sie die Sterne betrachten sollen, die Tiere, die Menschen, die Ideen. Einseitigkeit, Einseitigkeit – bewusst, skrupellos, kompromisslos. Keine überflüssigen Lehren oder Verallgemeinerungen: Das Gute ist gut, sein Gegenteil ist ebenfalls gut, alles ist gut oder alles ist böse.
Nein, die Welt ist in zwei Teile gespaltet: Gut und Böse, oben und unten, Gott und Anti-Gott. Wir sind Soldaten Gottes – was das heißen soll? Unsere Pflicht ist es, die eine Hälfte der Welt zu hassen und die andere Hälfte zu lieben. Später, wenn der Ausgleich kommen wird (d.h. nach unserem Triumph), können sie mal ruhig den Menschen beibringen, ausgeglichen, universels und tolerants zu sein. All diese Tugenden sind nun Schwächen, als würde man in der Schlacht auf das Schild verzichten.
Als ich vor Kurzem mit ein paar Leuten ins Gespräch gekommen bin, habe ich mich plötzlich so wütend und stürmisch gefühlt, dass ich aufgehört habe, und war froh, dass ich mit solchem Glauben erfüllt bin. Ich beschreibe Dir das alles als Vorboten einer tieferen Veränderung in mir. Das sind die Vorboten der action. Es wird eventuell noch Zeit vergehen müssen, ich muss mich von einigen Überresten des alten Banns lösen, ich muss mich von "Buddha", an dem ich im Moment schreibe, befreien, die Dichtung quitt werden. Dies muss von innen heraus erfolgen, wie eine reifende Frucht. Ich muss ein paar Orte besuchen, um mich aus deren Bann zu lösen. Alles muss ich entsprechend meiner eigenen Mentalität durchlaufen, also langsam und erschöpfend. Nur auf diese Weise kann ich vorwärtsgehen, ohne ständig zurückzuschauen. Wenn ich immer wieder mal mit einem hier rede und er versucht, mich zu widerlegen, verliere ich keine Zeit und zähle ihm alle seine Argumente auf und bringe auch noch weitere vor, die er nicht weiß. Und warum? Weil ich auch sehr lange an seiner Stelle war und alle Geheimnisse der Situation kenne, in der er sich befindet. Ich bin kein heuriger Hase. Ich war ein Verfechter der Katharevousa, ein Nationalist, ein Verfechter der Dimotiki, ein Wissenschaftler, ein Dichter, ein Sozialist, ein religiöser Fanatiker, ein Atheist, ein esthete, und nichts davon kann mich je wieder täuschen.
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